Am Fachbereich Maschinenbau der Fachhochschule Dortmund ist Lisa Gunnemann Professorin für die Lehrgebiete Fertigungsverfahren und Qualitätsmanagement. Als Expertin für nachhaltige Produktionssysteme bringt sie ihre Erfahrungen aus der Industrie in einem eigenen Labor ein – und ist neuerdings zusätzlich als Dekanin im Einsatz.
Frau Prof. Dr. Gunnemann, warum war der Wechsel von der Wirtschaft in die Wissenschaft für Sie reizvoll?
Vor meinem Start als Professorin an der Fachhochschule Dortmund im März 2020 habe ich in der Automobilzuliefer-Industrie gearbeitet, in meiner letzten Position war ich global verantwortlich für den Bereich Lean Management mit mehr als zehn Standorten. Das war zwar eine spannende Aufgabe. Aber getrieben von Deadlines blieb mir damals selten die Zeit, mich in der Tiefe mit fachlichen Themen zu beschäftigen und kontinuierlich Einblick in aktuelle Forschung zu nehmen, wie ich mir das eigentlich gewünscht hätte.
Haben sich denn Ihre Erwartungen als Professorin am Fachbereich Maschinenbau erfüllt?
Auf jeden Fall! Diese Jobzufriedenheit, die ich jetzt habe, hatte ich in der Industrie nie. Natürlich gibt es für mich weiterhin viel zu koordinieren, gleichzeitig ich bin ganz nah dran an den Themen. Und das sehr selbstbestimmt und mit Leidenschaft, ohne ständig auf die Uhr zu schauen. Ganz toll finde ich die Vielfalt der Tätigkeiten rund um Lehre und Forschung – dazu gehört natürlich die lebendige Zusammenarbeit mit meinen Studierenden und Kolleg*innen sowie mit Kooperationspartner*innen aus der Wirtschaft. Als Dekanin kann ich seit diesem Semester sogar noch mehr an meinem Fachbereich entscheidend mitgestalten und mit frischem Blick Dinge neu denken, das ist zusätzlich sehr motivierend.
Und wie erleben Sie die Atmosphäre an der Fachhochschule insgesamt?
Es macht einfach Spaß, hier in diesem vielfältigen und abwechslungsreichen Umfeld zusammen mit meinen Studierenden und Kolleg*innen zu arbeiten. Außerdem gibt es generell eine große Offenheit, Neues auszuprobieren. Meine Erfahrung an der FH Dortmund ist: Wenn man sich engagiert und mitgestalten möchte, wird man auch unterstützt. In Gesprächen fragen mich manchmal ehemalige Kolleg*innen nach meinem Weg hierher in die Wissenschaft, denen kann ich das dann wirklich nur empfehlen. Ich würde es jederzeit wieder so machen.
Was ist die Idee des Lean Labors, das Sie an der FH aufgebaut haben?
Grundsätzlich konzentrieren wir uns auf die Optimierung von manuellen Montagesystemen im Rahmen von Prozessverbesserungen. Unsere Strategie besteht darin, die Fertigungsabläufe durch die Integration von Assistenz- und Kollaborationssystemen zu verschlanken, wobei das Hauptziel darin besteht, die Verschwendung zu minimieren. Unter Verschwendung verstehen wir beispielsweise jegliche Zeitverluste durch den unnötigen Transport von Teilen, Wartezeiten auf Materialien oder die Ansammlung von Beständen zwischen den einzelnen Schritten des Fertigungsprozesses. Gerade für das Lean Labor pflegen wir enge Kooperationen mit Unternehmen und können hin und wieder sogar mit Prototypen aus der Industrie arbeiten. Hinzu kommen gesponserte Komponenten und Systeme, die uns Unternehmen gerne zur Verfügung stellen, weil sie sagen: Es gibt nichts Besseres, als wenn die Studierenden schon frühzeitig mit unseren Produkten praxisnah in Kontakt kommen, innovative Lösungen entwickeln und auch Feedback geben können.
Lohnt es sich denn für Studieninteressierte, sich für den Fachbereich Maschinenbau zu entscheiden hinsichtlich Jobperspektiven?
Eindeutig ja! Neben der Digitalisierung sind weiterhin Ingenieur*innen gefragt, die Hardware konstruieren und entwickeln, das geht auch künftig Hand in Hand und fällt nicht gänzlich weg. Wichtig ist auch, dass wir unsere Ingenieur*innen so ausbilden, dass sie Aspekte wie Klimawandel und Nachhaltigkeit direkt in der Entwicklung mitdenken. Die Inhalte unserer Studiengänge passen wir daher immer wieder zukunftsträchtig an, damit sie sowohl für die Studieninteressierten als auch die Wirtschaft attraktiv bleiben. Die Arbeitswelt gibt uns im Übrigen recht: Unsere Absolvent*innen werden in der Regel direkt übernommen.
Haben Sie die Förderung von Frauen im MINT-Bereich besonders im Blick?
In meinem eigenen Studium war der Frauenanteil nicht besonders hoch. Und im Job war ich die einzige Frau im Führungskreis. Ich hatte zwar nie den Eindruck, dass das in meinem Fall von Nachteil war, aber ich sehe die Notwendigkeit, noch viele andere Frauen zu ermutigen, sich für MINT-Berufe zu entscheiden, und sie dann zu fördern. Das ist ein Herzensthema von mir. Dazu gehört unter anderem, dass wir uns am Fachbereich Gedanken machen über eine noch gezieltere, direktere Ansprache von Frauen, nicht nur bezogen auf Studentinnen, sondern auch auf Professorinnen. Ich denke, dass ich dabei meine persönliche Perspektive ganz gut einbringen kann und auch Einschätzungen aus meinem Netzwerk.