Geschlecht: Mann, Frau. Bitte ankreuzen! Nach wie vor gängige Praxis auf vielen Formularen etwa bei Aufnahmebögen in Arztpraxen, Kliniken oder Pflegestationen. Banal? Für inter- und transgeschlechtliche Menschen ist dies schon die erste Hürde.
Das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Projekt „InTraHealth“ will diese Hürden abbauen und so die Gesundheitsversorgung von inter* und trans Menschen verbessern. Dazu hat die Fachhochschule Dortmund in Kooperation mit der TH Köln, den Kliniken Köln und einem divers besetzten Beirat eine Online-Lernplattform entwickelt, um Fachkräften in Medizin, Pflege und Psychotherapie erweiterte Kompetenzen zu vermitteln.
Die Lernplattform ist für alle Interessierten unter www.intrahealth.de (Öffnet in einem neuen Tab) zugänglich. Das kostenfreie Angebot vermittelt nicht nur Expert*innen-Wissen, sondern gibt Einblicke in die Lebensrealitäten von inter* und trans Menschen in Deutschland und spiegelt ihre Erfahrungen im Kontext der Gesundheitsversorgung wider.
Ein „Angebot auf Augenhöhe“
„In unserer Selbstlernumgebung ist uns eine Ansprache auf Augenhöhe ohne mahnenden Zeigefinger wichtig“, betont Professorin Dr. Gabriele Dennert, Projektleiterin und Lehrende am Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften der FH Dortmund. „Denn wir können Menschen nicht zu einem anderen Verhalten zwingen, sondern nur erklären und so Personen erreichen, die sich darauf einlassen wollen.“ Sie habe bereits zahlreiche Anfragen zum Projekt aus der Gesundheitsbranche bekommen.
Denn der Handlungsbedarf ist groß. Das hat das Projektteam in einer Studie mit fast 600 inter* und trans Menschen dokumentiert. Drei Viertel der Befragten berichteten demnach von eigenen Diskriminierungserfahrungen in der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung: von herabwürdigender Behandlung, von sexueller Belästigung, von körperlicher Gewalt. „Das führt dazu, dass ein erheblicher Teil weitere Gesundheitsvorsorge nicht in Anspruch nimmt, obwohl der Bedarf da ist“, erklärt Gabriele Dennert. Die Folge: Krankheiten werden nicht rechtzeitig erkannt oder nicht hinreichend behandelt.
Lernplattform steht allen Interessierten offen
Die nun fertiggestellte Online-Lernplattform vermittelt in mehreren Lernpfaden Basiswissen zum Thema Geschlecht und Gesundheit, sowie Grundlagen zur Kontaktgestaltung und Kommunikation. Diese Bausteine seien elementar, um eine Willkommenskultur in den medizinischen Einrichtungen zu etablieren, die es inter* und trans Menschen erleichtert, fachgerechte Versorgung in Anspruch zu nehmen, betont Gabriele Dennert. Kurze Videos mit inter* und trans Menschen sowie mit Fachkräften der Gesundheitsbranche verdeutlichen Probleme, zeigen Lösungen und bringen das Wissen kompetent und authentisch an die Frau, den Mann und an alle, die nicht in diese Kategorien passen.
„Alle Inhalte können von jedem nicht-kommerziell genutzt werden“, sagt Professorin Dr. Petra Werner. Die Kommunikationswissenschaftlerin der TH Köln verantwortet den mediendidaktischen Teil des Projekts. „Dank der Creative-Commons-Lizenzierung ist es leicht, die Inhalte von intrahealth.de in bestehende Lehrformate zu integrieren.“ Dieses Angebot richtet sich insbesondere an Schulen, Hochschulen und Einrichtungen der medizinischen Ausbildung.
Das Projekt „InTraHealth – Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung für inter- und transgeschlechtliche Menschen durch Abbau von Diskriminierung als versorgerseitiger Zugangsbarriere“ wurde vom Bundeministerium für Gesundheit gefördert (2019-2023).
Kontakt: intrahealthfh-dortmundde